Sonntag, 25. März 2012

Ist noch was zu retten?


Ihr Projekttermin kommt rasend näher, und Sie haben den Eindruck, es bewegt sich nichts? Und die neue Version des Application Servers funktioniert gar nicht so reibungslos im Cluster wie Sie dachten. Und die Performance der Java-Batch-Läufe macht den Tagesabschluss eher zu einem Dauerläufer, der tagsüber die Dialoge runterzieht wie Blei.

Sie haben dem Projektleiter schon zum dritten Mal erklärt, dass JUnit-Tests extrem wichtig sind und Sie nicht darauf verzichten sollten, auch wenn die nächste Schnittstelle dringend fertig werden muss?
Nun sind die wenigsten Projekte „Death March Projects“, die gestoppt oder kernsaniert werden müssen. Was können Sie in einem „normalen“ Projekt denn überhaupt retten? Und warum?
Ganz einfach – machen Sie sich das Leben leichter! Der Burn-Out-Mode, in dem Ihr Team versucht, das Projekt zu stemmen, ist nicht lange machbar. Normalität kann wieder einkehren, wenn Sie klare Ziele verfolgen – und die auch erreichen können.


1. Ziele erkennen

Kennen Sie die Ziele Ihres Projektes? Kennen Sie die Ziele auch so gut, dass Sie entscheiden können, ob der Batchlauf optimiert werden muss oder auf einem anderen Server laufen kann?

Ziele zu erkennen ist nicht immer einfach. In Kundenprojekten kann man sich daran orientieren, was für den Kunden nutzen schafft. Und das ist oft eine Geschichte voller Missverständnisse... Braucht der Kunde wirklich die hochintegrierte Gesamtlösung ab Go Live? Oder kann man auch mal für einige Monate mit Datei-Transfer wie bisher leben?

Oberstes Gebot ist die Analyse der Stakeholder: wer hat welche Interessen an dem Projekt? Auch Ablehnung und jahrelange Streitereien um Tabu-Themen sollte man besser kennen. In der Regel entscheidet derjenige, der das Geld gibt.

Oft verfügen Fachabteilungen über die Budgets, haben aber wenig IT-Hintergrundwissen. Dies resultiert häufig in impliziten Zielen:

  • die Lösung muss nicht „Klicki-Bunti“ sein – aber unansehnlich und unverständlich in der Bedienung soll sie auch nicht sein
  • Natürlich (!) soll der Benutzer sein Kennwort ändern können... Aber in welchem System? In Ihrem, das dem ID-Managementsystem das neue Kennwort mitteilt?
  • Schnittstellen sollen für alle zu übergebenden Fälle stabil sein. Früher Dateien, heute Web Services. Ist doch fast dasselbe?
Also müssen Sie implizite Vorstellungen eingrenzen, wenn Sie dies nicht am Anfang getan haben, dann holen Sie es nach. Dies heißt nicht, dass die Fachabteilung „wünsch dir was“ spielen kann, weder in Festpreis-Projekten noch in Aufwandsprojekten!

2. Ziele priorisieren

Explizite Ziele sind häufig plakativ kommuniziert von den Stakeholdern. Schwierig ist dabei die Priorisierung: benötigt die Fachabteilung wirklich die komplexe Anbindung an das SAP-System oder ist man eigentlich schon mit einer lose gekoppelten Datenverwaltung zufrieden? Dies erfordert gerade in Krisensituationen eine klare Kommunikation und gute Darstellungsfähigkeiten. Oft muss erst ein gemeinsames Problemverständnis entstehen: „wir sitzen alle in einem Boot“.

3. Realistisch planen

Viele Kunden sehen gerne Gesamtpläne über Zeiträume von durchaus mehreren Jahren. Andererseits fordern sie auch gerne Änderungen, weil sich ihr Geschäft – natürlich – in der Zwischenzeit ändert. Die erfolgreichsten Unternehmen passen sich schnell dem Markt an. Versuchen Sie also einen REALISTISCHEN Plan für den naheliegenden, überschaubaren Zeitraum aufzustellen. Realistisch heißt: mit Puffern. Wer ohne Puffer plant, fährt quasi ohne Gurt und Airbag. Versuchen Sie vor allem, Ihrem Kunden zu erklären, dass langfristige Pläne nur sehr, sehr grob sein können – das kann unterstützt werden durch einen Blick auf bekannte Änderungshäufigkeiten des Kunden oder mit absehbaren Marktänderungen.

4. Offener Umgang und Win-Win-Situation schaffen

Stellen Sie Vertrauen her – durch Transparenz und Verfolgbarkeit. Erst in einer halbwegs vertrauensvollen Situation wird es Ihnen gelingen, eine Win-Win-Situation zu finden, die beiden Seiten nutzt.
Win-Win heißt z.B.: der Kunde bekommt die wichtigsten Funktionen zum Termin, alles andere wird zurückgestellt und neu bewertet. Vielleicht braucht er später ganz andere Funktionalitäten, als ursprünglich mit einem Vorlauf von mehreren Monaten mal geplant? Alternativ können Sie – nur mal als Überlegung – ja etwas ausliefern, was der Kunde den Buchstaben des Vertrages mal wollte. Ob ihm das dann irgendeinen Nutzen bringt? Nutzen Sie also den Nutzen Ihres Kunden! Helfen Sie ihm, den Nutzen zu verwirklichen.

5. Richtig eskalieren

Wenn Sie sich nicht in einem Death March Project befinden – was und wann sollten Sie dann eskalieren? Hüten Sie sich davor, jeden Kleinkram als Staatskrise auszugeben. Finden Sie vielmehr eine Verständigungsebene mit Ihrem Kunden, auf der Dinge unaufgeregt geklärt werden können. Das geht vor allem leicht, wenn man einen Kanal aufgebaut hat durch regelmäßige Termine, auf denen auch mal Erfolge berichtet werden. 

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